Kilpisjärvi-Retkeilykeskus
Um kurz vor 11 Uhr finnischer Zeit hält der Bus aus Tromsø in Kilpisjärvi-Retkeilykeskus. Ein Campingplatz mit Rasthaus erwarten mich. Es steigt sonst kaum jemand aus. In dem kleinen Laden des Rasthauses gibt es auch einige Graskartuschen mit Schraubventil. Noch stehen eine 450g und mehrere 100g im Regal. Ich kaufe mir Tee und Blaubeersaft und packe den Rucksack auf der Veranda mit Blick auf den Pikku-Malla abmarschbereit. Ein letztes Mal benutze ich eine Wassertoilette und dann beginnt der erste Wandertag.
Direkt neben dem Rasthaus zeigt ein Wegweiser Richtung Saanen. Der Berg erhebt sich hinter dem Campingplatz und ist ein beliebtes Ausflugsziel. Ein paar Treppenstufen hoch, an Campingwagen vorbei und dann geht es nach Norden über ein paar Bretterstege in den lichten Birkenwald. Es steigt leicht an, bis ich auf eine Abzweigung zum Parkplatz an der E8 treffe. Hier treffe ich auch das erste Mal auf eine Wegmarkierung des Kalottireitti. 40 Zentimeter hohe Holzpflöcke mit orangenem Kopf leiten mich ab von der Gipfelbesteigung. Auf gleicher Höhe geht es nun am Hang entlang. Ich stöbere ein Rentier auf, dass zwischen den Bäumen äst.
Grenzüberschreitender Rettungseinsatz
Nach einer Weile stoße ich auf den Wanderweg, der vom Parkplatz an der E8 zum Gipfel des Saana führt. Ich setze den Rucksack ab, um etwas zu trinken und die Aussicht zu genießen. Als ich weiter wandere, höre ich sich lautes Motorengeräusch nähern, welches abrupt verstummt. Hinter der nächsten Biegung steht die finnische Feuerwehr mit zwei Quads auf dem Weg und ist dabei eine ältere Dame auf eine Rettungstrage mit geländegängigen Einrad zu verladen. Ich schlängel mich schnell vorbei. Es dauert nicht lange und zwei Feuermänner kommen mit ihr im Laufschritt den Weg hinab. Kaum sind sie an der Straße eingetroffen, kommt ein norwegischer Rettungswagen vorgefahren. Und als ich die Straße zum Malla Naturreserve quere, schwebt aus Norwegen auch noch der Rettungshubschrauber aus Tromsø ein und landet auf der inzwischen abgesperrten Straße. Ich bin beeindruckt über die gut funktionierende grenzüberschreitende Rettungskette.
Vom großen Parkplatz an der E8 sollen es nun rund 11 km bis zu meinem Tagesziel, der finnischen Hütte Autiotupa (Kuohkimajärvi Open Wilderness Hut), sein.
Malla Naturpark
Während die Patientin in den Hubschrauber verladen wird, geht es für mich weiter zur Brücke über den Siilaskoski, wie der Abfluss aus dem See Siilasjärvi (Šilisjávri) heißt. Auf der anderen Seite leuchtet mir das Schild "Luonnon Puisto" entgegen, ich bin nun im ältesten Naturpark Finnlands, dem Mallan luonnonpuisto. Das Übernachten und Verlassen der Wege ist im 30 km² großen Gebiet verboten. Ich muss heute also mein Tagesziel, die finnische Hütte Autiotupa erreichen.
Der schmale Wanderweg führt mich durch lichten Birkenwald im Schatten des Pikku-Malla langsam bergan. So langsam spüre ich das Gewicht des Rucksacks. Tagestouristen sprinten an mir vorbei. Mit jedem Meter, den ich an Höhe gewinne, komme ich dem Kalfjell näher. Unter mir liegt der Siilasjärvi und auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der offizielle Grenzübergang. Hinter mir habe ich freien Blick auf den Gipfel des Saana, der ebenfalls viele Tageswanderer anzieht.
Für die Mittagspause hatte ich mir den höchsten Punkt vorgenommen. Ganz schaffe ich es nicht, denn erst um 13 Uhr erreiche ich die Abzweigung zum Gipfel Pikku-Malla (Šilismalla dahjege Gilbbesmalla). Von ihm hat man einen schönen Ausblick auf den Kilpisjärvi. Für mich geht es aber direkt weiter zu den Seen Mallalammit und Mallajävri. Da am ersten bereits Wanderer am Ufer sitzen, wähle ich den zweiten See für die Rast. Der Untergrund ist hier etwas feucht, aber ein Brett bietet Schutz für einen nassen Hintern. Erst einmal die Schuhe aus und die Füße kühlen.
Mit Blick auf den letzten Anstieg hole ich den Kocher heraus und erhitze das Wasser für Tee und Kartoffelpüree. Die nächsten zwei Wochen wird das mein Mittagessen sei, Asia Nudelsnack oder Kartoffelpüree. Als ich so dasitze und die Sonne genieße kommt eine ältere Dame den Hang herab und fragt mich, ob es mir gut geht. Wir kommen ins Gespräch und die Französin (zumindest halte ich sie dafür) berichtet, dass sie mit dem Boot über den See gefahren ist und nun zurück nach Kilpisjävri wandert. Es würden mich noch viele Steine erwarten.
Gegen 14 Uhr wandere ich weiter. Nun gegen direkt vor mir ein Vater mit seinen beiden Töchtern. Da die eine offensichtlich keine Lust mehr hat gehen sie sehr unrhythmisch. Überholen kann ich nicht, denn dann gehen sie schneller. Irgendwann bin ich so genervt und warte darauf das der Abstand entsprechend groß ist. Nötig ist es nicht, denn wenig später bin ich auf dem höchsten Punkt des Tages. Die drei sitzen auf einer Bank vor einem deutschen Unterstand aus dem Zweiten Weltkrieg. Er ist Teil der Lyngen-Verteidigungslinie, auf die sich im Oktober 1944 die deutsche Armee im Rahmen der Operation Nordlicht zurückzog und dabei fast alle Gebäude und Boote in der Finnmark zerstörten. Bei ihrem Abzug 1945 zerstörten sie auch den Unterstand, welche 2017 rekonstruiert wurde. Auch wenn er drinnen einige Pritschen hat, ist das Übernachten nicht gestattet.
Am Iso-Malla entlang
Der Wanderweg verläuft nun südlich des Iso-Malla (Gihcibákti) unterhalb einer Steilwand entlang. Unterhalb des Sattels liegt ein Blockfeld, welches es zu queren gilt. Es lässt sich jedoch besser gehen als es auf den ersten Blick zu befürchten war. Kurz nach 15 Uhr stehe ich am Wasserfall Kitsiputous (Gihcigorži). Der Kitsijoki (Gihcijohka) stürzt sich hier die Steilwand herab. Viel Wasser ist es nach der lanken trockenen Periode nicht mehr, aber Felsen laden zu einer kurzen Pause ein. Ein Wegweiser zeigt mir 5,8 Kilometer bis Kilpisjärvi an und bis Kolmen valtakunnan rajapyykki, dem Dreiländereck, sind es noch 5,2 Kilometer. Die Sonne steht noch so hoch am Himmel, dass ich völlig das Zeitgefühl verloren habe. Als ich auf die Uhr schaue ist es schon 16:00 Uhr.
Der Kalottireitti führt nun auf der Höhenlinie entlang und die steile Felswand entfernt sich langsam. Der Birkenwald wird immer lichter bis ich über Wiesen wandere. Eine schöne Kalfjäll-Landschaft, die zum Übernachten einladen würde, wäre es nur erlaubt. So muss ich leider weiter wandern. Die Flussquerung über den Ráššája, die sich einfach auf ein paar Steinen bewältigen lässt, sorgt für Abwechselung. Vor mir liegen die norwegischen Berge, die sich dramatisch in den Himmel recken. Besonders der Gipfel des Bárrás sticht hervor, aber ich kann auch den schwedischen Pältsan ausmachen.
An der finnisch-norwegischen Grenze zur Autiotupa Hütte
Das Gelände wird steiler und ich tauche wieder in den Birkenwald ein. So willkommen jeder Schatten bei der sommerlichen Hitze ist, sofort schwirren Mücken um mich, die es vor allem auf meinen rechten Oberarm abgesehen haben. Ich bin müde, die Hitze ist immer noch da und der Rucksack wird mit jedem Schritt gefühlt schwerer.
Gegen 18:30 erreiche ich endlich den Rentierzaun, der an der Grenze zwischen Finnland und Norwegen entlang verläuft. Es geht nun noch einmal für 1½ Kilometer am Zaun entlang. Quasi immer geradeaus, am Anfang aber noch deutlich bergab. Im flacheren Teil erleichtern Bretterstege das Queren von Sumpfflächen. Immer ist es so, je weniger ich mag, desto langsamer komme ich vorwärts. Vor allem auch, weil ich mehrere Trinkpausen machen muss. Endlich kommt der Kuohkimajärvi in Sicht und schon stehe ich an der Abzweigung zu den Hütten.
Die offene Autiotupa Hütte (Kuohkimajärvi Open Wilderness Hut) liegt zusammen mit der reservierbaren Varaustupa Hütte auf einer Halbinsel. Beide teilen sich mehrere Trockentoiletten und an der Hütte liegt einiges an Feuerholz. Alleine bin ich nicht. Es stehen mehrere Zelte in Hüttennähe und im See wird gebadet. Ich bin aber erst einmal froh angekommen zu sein. 13,2 Kilometer zeigt mein Garmin an.
Ich stelle den Rucksack ab und schaue mich um. Vier Zelte stehen vor allem in Ufernähe. Es scheinen vor allem Finnen und Schweden hier zu sein. Neben der Autiotupa Hütte find ich am Hang noch einen Platz für mein Zelt. Ich baue auf und hole Wasser. Als ich anfange zu Essen, verschwinden die anderen bereits in Bett.
Bus Tromsø - Kilpisjävri
In der Sommersaison von Anfang Juni bis Mitte September verkehrt der Bus von Eskelisen zwischen Tromsø über Kilpisjävri und Rovaniemi nach Oulu. Die Fahrt zwischen Tromsø (7:10 norw. Zeit) nach Kilpisjävri (10:30 finn. Zeit) kostet 55 € und dauert 2:20 Stunden. Zurück geht es am Abend um 18 Uhr finnischer Zeit in Kilpisjävri. Ankunft in Tromsø um 19:30.
Abfahrt ist in Tromsø am Busterminal Prostneset, zentral direkt am Hurtigruten Terminal, gelegen.
Eskelisen10.2024
Kuohkimajärvi Wildnisshütte
Lage: am Kuohkimajärvi
Lat/Lon: 69°3'37" N, 20°33'25" E
Kategorie: Autiotupa / Open Wilderness Hut
Anzahl Betten: 6 Personen
Betreiber/Info: Kuohkimajärvi Open Wilderness Hut
09.2024