Die Nacht war wieder kalt und auf den Gipfel liegt Schnee, aber die Sonne scheint. Strahlend blauer Himmel, was will ich mehr. Zum Frühstück gibt es zur Abwechselung heute mal Grießbrei.
Um 10 Uhr mache ich mich auf. Ich gehe zurück zu den Wegweisen und quere den Fluss zwischen den beiden Seen auf der Höhe 1442 und 1445. Der Wasserstand ist niedrig und so komme ich einfach ans andere Ufer. Auf der anderen Seite scheuche ich eine Familie von Alpenschneehühner auf. Der Weg trifft wenig später auf eine alte Route von Olavsbu, die auf vielen Karten noch eingezeichnet ist.
Langsam geht es in den Aufstieg. Die Wanderer nach Süden sind wohl schon alle vor mir hier lang und so habe ich die Landschaft für mich alleine. Auf großen Felsplatten geht es hoch in eine karge Landschaft. Wasser fließt zwischen den Platten, verschwindet in Ritzen und taucht woanders wieder auf. Nach einer Stunde bin ich oben. Ein Kessel voller Felsen zwischen den Bergen erwartet mich. Die Landschaft ist so ganz anders, dass ich mich erst einmal sattsehen will. Was habe ich nur für ein Glück mit dem Wetter.
Dann erblicke ich den See 1488 und ich weiß sofort, was ich mich erwartet - ein Blockfeld soweit das Auge reicht. Bevor ich die letzten Meter zum Seeufer absteige mache ich eine Pause. Dann beginnt das Balancieren, von Fels zu Stein zu Fels. Zwar gibt es eine markierte Route, aber die zeigt mehr die Richtung an. Jeder Schritt erfordert Konzentration. Trotzdem zerre ich mir an einem Wackelstein ein Band am Knie. Nach einer Stunde ist der Kilometer geschafft. Nun geht es bergan. Ein Norweger kommt mir entgegen. Auch er ist alleine unterwegs und bestätigt den Wetterbericht, morgen soll es nicht gut sein.
Ich erreiche den Wegweiser. Richtung Westen geht es nach Gjendebu vorbei am Snøholsvatnet und weiteren Blockfelder und nach Süden geht es nach Fonsbu. Ich gehe weiter bergauf. Nach einem kurzen Stück formen die Felsbänder eine Gasse. So als ob jemand eine Straße hier gebaut hat. Und dann kann ich zum Mjølkedalstjørni schauen. Zwischen all den Felsen fällt mir sofort das etwas Grün auf. Unter mir ist richtig etwas los, aus allen Richtungen kommen Wanderer. Im Zickzack geht es einen gerölligen Pfad nach unten.
Das Wetter ist immer noch schön und ich entschließe mich eine richtige Mittagspause zu machen. Ich passiere einen kleinen See Richtung Store Mjølkedalsvatnet. Mit zwei Norwegern unter halte ich mich kurz. Sie wollen noch nach Olavsbu und fragen nach der Wegbeschaffenheit. Mir prophezeien sie eine schwierige Zeltplatzsuche. Spätestens in Fonsbu dürfte ich etwas finden. An einem kleinen Bach koche ich Nudeln und einen Pott Tee.
Bei super Wetter wandere ich nun den Store Mjølkedalsvatnet entlang. Es liegen viele Steine herum und Zeltplätze sind nicht wirklich zu finden. Der Ausblick auf den Gletscher Mjølkedalsbreen im Nordwesten des Sees wird immer besser. Als ich stehen bleibe um ein Foto zu machen, höre ich plötzlich ein komisches Geräusch. Zuerst denke ich an einen Hund, als ich mich umdrehe werde ich auch schon von drei Rentieren im Eiltempo rechts überholt. Rentiere, dann muss es doch einen Zeltplatz geben.
Eine Stunde laufe ich am Seeufer entlang. Wenn es flach wird, dann ist es auch gleich feucht. Morgen soll es wieder stark regnen, also sollte ich mir lieber einen trockenen Untergrund suchen. Am Ende des Sees steigt der Weg nochmal kräftig an. Oben angekommen gibt es eine wunderbare Aussicht nach Eidsbugarden (Fonsbu) und dem See Bygdin. Eigentlich hatte ich hier mit dem Seeabfluss gerechnet, aber ein genauer Blick auf der Karte zeigt, dass dieser am nördlichen Ende des Store Mjølkedalsvatnet liegt.
Rund vierzig Meter unter mir gibt es ein kleines Plateau mit See. Da würde es wohl irgendwie gehen, aber so auf dem Präsentierteller ist auch nicht so schön. Vielleicht weiter unten an der Sommerbrücke? Vom Plateau geht es noch einmal 60 Höhenmeter abwärts und der Weg steuert genau auf eine ebene Fläche zu. Steinreihen sind zu erkennen und die Reste einer altertümlichen Rentierfalle. Ich quere den Platz und folge meiner Nase. Ein paar Meter weiter hinter einer kleinen Erhebung stoße ich auf den idealen Zeltplatz. Es ist schon 18 Uhr. Schnell steht das Zelt, aus einem Bach hole ich Wasser. Direkt am Zelt habe ich keinen Handyempfang, aber auf einen nahen Hügel klappt es super. Der Wetterbericht bestätigt sich. Morgen soll es mal wieder regnen und am Nachmittag ist sagar Starkregen angesagt. Ich koche Mandelreis und zum Nachtisch einen Schokoladenpudding.
Regentag im Mjølkedalen
Die Hoffnung, dass es morgens nur nieselt erfüllt sich nicht. Um 6:00 setzt der Regen ein. Es ist fast windstill und damit nicht kalt. Ich hatte bereits über Nacht die Süßkartoffeln mit Apfelmus fürs Frühstück eingeweicht. Und so esse erst dies und später noch die letzte Portion Rührei zu verdrücken.
Draußen prasselt der Regen und ich plane mal wieder die Etappen der nächsten Tage bzw. den Rest der Wanderung. Von Fondsbu nach Gjendebu und dann auf die Memurutunga-Ebene und ins Memurudalen. Je nach Wetter zum Schluss über den Besseggen-Grat oder am Gjende-See entlang nach Gjendesheim. Das sollte passen.
Um 16 Uhr gibt es kurz Hoffnung auf etwas Sonne, aber die Wolken siegen und es regnet ununterbrochen weiter. Dann gibt es plötzlich starke Windboen. Und so plötzlich wie der Sturm gekommen ist, ist er auch wieder vorbei. Der Regen nicht. Gegend Abend bessert sich das Wetter. Ich habe inzwischen die 450g Gaskartusche aufgebraucht, zum 12-mal Abendessen reicht es nicht mehr ganz. Zum Abendessen gib es Fischeintopf. Irgendwie ist auch dieser Regentag schneller vorbeigegangen als gedacht.