Um 6 Uhr scheint die Sonne ins Zelt. Die Nacht war recht frisch und so ist die Wärme mehr als willkommen. Die Kopfschmerzen sind zum Glück verflogen. Ich laufe etwas vor und genieße den Ausblick zum Gjendesee. Dabei stolpere ich über zwei Rotkappen, die wenig später in der Pfanne brutzeln. Außerdem gibt es zum Frühstück Tee und Müsli. Es dauert etwas bis ich alle Sachen im Rucksack verstaut habe. Während ich für den Flug so packe, dass alles möglichst gut geschützt ist, muss es nun zum Wandern praktisch sein. Es kommt mir vor, als sei das gute Stück über Nacht geschrumpft. Um 9 ist es so weit, alles ist verstaut und Regensachen, Watschuhe, Snacks und Karte sind griffbereit. Das Zelt kommt zum Schluss oben rein und das Gestänge an die Seite, damit ich es bei Regen schnell aufbauen kann ohne alles auspacken zu müssen.
Ich gehe zurück zum Weg und folge ihn weiter bergan. Es dauert nicht lange und ich erreiche die Abzweigung zum Veslfjellet und dem Besseggengrat. Trotz des super Wetters wandere ich weiter Richtung Bessvatnet. Nachdem ich gestern nur am Abend etwas gegessen habe, reichen mir die 200 Höhenmeter Aufstieg, welche ich bis dahin zu überwinden habe. Der Weg führt östlich am Veslfjellet entlang und bietet schöne Ausblicke ins Sjodalen. Den Blick genieße ich öfters, denn Energie habe ich irgendwie nicht.
Die Ebene am Bessvatnet ist karg und recht steinig, aber gut zu gehen. Am Ufer dürfte es möglich sein einen Zeltplatz zu finden. Zumindest steht in der Nähe der privaten Hütte ein knallrotes Zelt. Nach zwei Stunden quere ich die Bessa über einen stabilen Holzsteg. Auf der anderen Seite wartet der nächste kleine Anstieg auf mich. Eigentlich nicht der Rede wert, aber ich bin heute einfach lahm. Also erst mal stärken und etwas Wasser auffüllen. Ich lasse mich am Ufer nieder und genieße für 10 Minuten die Sonne.
Ich setzte die Wanderung Richtung Russvatnet fort. Der Weg führt an dem Bessheimrundhøe vorbei. Es geht leicht bergan und ich fühle mich gleich wieder etwas schlapp. Trotzdem ist der höchste Punkt wenig später erreicht. In einer Senke liegt der See Besstjønnin, den der Weg mit einigen Abstand passiert. Auf der anderen Seite der kleinen Ebene liegt das Russdalen vor mir. Mit jedem Schritt vorwärts kann ich mehr vom Tal einsehen. Nautgardstinden und Austre Hestlægerhøe thronen über der anderen Talseite. Weiter westlich den Russvatnet entlang kann ich bereits den Einstieg ins Blåjønndalen sehen.
Rund 200 Höhenmeter Abstieg sind es bis zum Russvatnet. Erst etwas steil, geht es nun gemächlich Richtung Seeufer. An den Kiesbänken stehen auf der südöstlichen Seite einige Zelte. Aus dem See tritt die Russa aus. Über den breiten Fluss führt eine 30 Meter lange, aber recht stabile Sommerbrücke. Es sind hier einige Wanderer unterwegs. Direkt am Seeabfluss liegen die Hütten von Russvassbue. Der fischreiche See ist in Privatbesitz. Ein Fischer sortiert gerade seine Netze, als ich vorbeigehe.
Das Wetter ist immer noch prima. Ich hoffe weiter westlich am Ufer des Russvatnet einen Zeltplatz zu finden. Beim Abstieg sah es so aus, als ob es dort Buchten mit Sandstrand gibt. Der Weg führt nun am Seeufer entlang. Es gibt einige Möglichkeiten, aber so richtig begeistert bin ich noch nicht. Nach rund einer Stunde erreiche gegenüber von Grotodden einen Kiesstrand. Dieser ist zwar durch Pause machende Wanderer besetzt, aber ich hatte mich aus der Ferne nicht getäuscht. Etwas weiter müsste noch so einer kommen.
Und so ist es. Diesmal gibt es direkt neben den Kiesstrand zwischen einigen Weidebüschen eine ebene Fläche zum Zelten. Etwas weiter plätschert ein Bach mit guten Trinkwasser. Was will ich mehr. Es ist vielleicht noch etwas früh, erst 14 Uhr, aber ich kann nicht widerstehen. Außerdem habe ich fast 10 Kilometer zurückgelegt. Das reicht mir für den ersten Tag. Ich baue das Zelt auf und koche am Kiesstrand eine Wasser für eine Tasse Kartoffelpüree-Snack und Tee. Dazu ein erfrischendes Fußbad. Zu mehr ist mir das Wasser zu kalt. Es ist schön türiks-blau, aber eiskalt.
Viel los ist nicht mehr. Nur wenige Wanderer kommen noch vorbei. Heute wähle ich das Abendessen nach Gewicht und so kommen rote Linsen mit Karotten und Lammfleisch in den Kochtopf. Sie sind schwer und kochen 10 Minuten.
Um halb neun verschwindet die Sonne hinter dem Veotinden. Sogleich wird es kalt. Und so dauert es nicht mehr lange bis ich mich in meinen warmen Schlafsack verkrieche. Am Abend fährt der Fischer mit einem Motorboot noch den See entlang zu seinen Netzen. Das Motorgeräusch ist das letzte, an das mich erinnern kann. Dann schlaf ich ein.