Bohusleden Süd
Bohusleden Süd

5. Tag: Stora Galten · Vargfjället NR · Bredfjällets NR · Vindskydd Store Väktor · Dammsjö

Dammsjö

Nachts wache ich auf. Es raschelt merkwürdig am Zelt. Ich lausche angestrengt. Sind die Wildschweine zu Besuch gekommen? Oder ist es ein anderes Tier? Es ist still. Dann kommt wieder ein Windstoß und ich identifiziere das Zelt als Ursache. Das habe ich gestern Abend wohl nicht richtig nachgespannt und nun raschelt es. Ich drehe mich noch einmal um und schlafe weiter.

Auch morgens weht ein frischer Wind über den Stora Galten, weshalb es trotz 7 °C noch richtig kalt ist. Es kostet mich etwas Überwindung, meinen warmen Schlafsack zu verlassen, aber es hilft ja nichts. Hier im schattigen Wald wird die Sonne nicht hinkommen. Ist der erste Schritt getan, ist alles nur noch halb so schlimm. Und auch wenn ich mir gefühlt eine Ewigkeit Zeit lasse, komme ich um 9 Uhr los.

Zum Glück habe ich die lange Etappe vom Vortag gut weggesteckt. Ich will heute das Bredfjället naturreservat durchqueren und morgen bis zur Svartedalens vildmarksområde wandern. Das sind zusammen 30 Kilometer. Es erwarten mich also zwei eher leichte Etappen. Gleich auf der ersten Wiese begrüßen mich zwei Hasen. Kurz hinter Lindjärn verlässt der Bohusleden den Fahrweg. Entlang alter Trockenmauern steige ich Richtung Duldevattnet auf. Es ist sehr schön hier zwischen den alten Bäumen. Dann macht der Weg jedoch einen Schwenk nach Nordosten. Unweit von Lindjärns kyrka treffe ich wieder auf den bisherigen Verlauf des Bohusleden.

Auch wenn der Name „Lindjärns kyrka” auf eine Kirche hindeutet, handelt es sich um einen Ort, der der Legende nach im 18. Jahrhundert ein Räubernest war. Nun ist der Wald hier abgeholzt. Auch der Grabhügel aus der Bronzezeit fällt mir nicht weiter auf. Nach einem weiteren Schlenker führt der Bohusleden wieder nach Süden Richtung Duldevattnet.

Gegen 10:30 Uhr erreiche ich den Duldevattnet. Der von Schilf umgebene Waldsee hat am Südufer einen kleinen Pausenplatz mit Zugang zum Wasser. Zeit für meine zweite Frühstückspause. Bei meiner Planung hatte ich den See auch als möglichen Übernachtungsplatz ins Auge gefasst. Weiter oben im Wald gibt es auch eine Zeltfläche, allerdings wären es gestern noch drei weitere Kilometer gewesen.

Durch den Wald und an einem kleinen Feuchtgebiet vorbei nähere ich mich dem Bauernhof Vargefjället. Er ist Teil des Bredfjället naturreservat und steht damit unter Naturschutz. Hier werden noch alte Anbaumethoden praktiziert. Am Weidezaun wird vor Betande djur gewarnt. Damit sind keine betenden Kühe, sondern Weidetiere gemeint. Durch das kurzhalten des Bewuchses fördern sie die Artenvielfalt. Solche Schilder gibt es in vielen Naturreservaten, aber hier sehe ich zum ersten Mal Kühe, die in der Nähe des Hofes liegen.

Damit habe ich den Fahrweg wieder erreicht, den der Bohusleden gleich darauf verlässt. Genauso wie das Naturreservat. Es geht bergan, den Hägbergen hoch. Gegen 12 Uhr stehe ich am Ostufer des Långevattnet und bin damit auch wieder im Bredfjället naturreservat, indem das Zelten nicht erlaubt ist. Die Grenze verläuft der Länge nach durch den See. Am Nordufer bin ich bei der Planung auf einen Rastplatz mit Zeltmöglichkeit gestoßen. Am östlich gelegenen Abborrevattnet gibt es zudem eine Windschutzhütte und etwas abseits vom Bohusleden, am Ostufer des Stora Homlevattnet, eine Raststuga mit Windschutz.

Heute ist der Wald besonders geschützt, doch im 17. und 18. Jahrhundert war das Bredfjället ein fast baumloses Gebiet, das von kleinen Bauernhöfen geprägt war. Diese nutzten jeden Meter für den Ackerbau oder als Weidefläche. Um die Jahrhundertwende begann die Bevölkerung, in die Städte abzuwandern, und die Höfe verfielen zu Runien. Ohne Bewirtschaftung eroberte der Wald die Flächen zurück. Dieser natürliche Nadelwald ist seit 1989 vor Abholzung geschützt und kann sich seither ungehindert weiterentwickeln.

Neben den Bohusleden gibt es eine ganze Reihe weiterer Markierungen. Die querliegenden Baumstämme wurden hier durchgesägt und zur Seite geräumt. Die ersten alten Siedlungsreste, auf die ich stoße, sind die Ruinen der Berghütte Långe Hage. Ohne Schild würde ich dort allerdings nichts außer einem Erdhaufen sehen. Als der Hof Flågfjället im Jahr 1820 verkauft wurde, erlaubte der neue Besitzer dem bisherigen, dort eine Hütte zu errichten. Er war bereits Witwer und lebte dort bis zu seinem Tod. 1837 wurde die Hütte verlassen. Kein Wunder, dass heute nur noch ein Erdhügel übrig ist.

Kurz darauf wandere ich an Trockenmauern entlang und sehe Felsplatten, die als Brücke über einen kleinen Wasserlauf dienen. Dann erreiche ich die Lichtung mit den Ruinen von Flågfjället (auch Flogfjället oder Floget genannt). Bis etwa 1920 wurde der Bauernhof bewirtschaftet, von dem heute nur noch die Fundamente zu sehen sind. Ich stelle meinen Rucksack ab und mache in der Sonne eine Pause. Ein kleines Hinweisschild weist auf eine 20 Meter entfernte Trinkwasserquelle hin, aber ich habe noch genug. Es ist ein schöner Pausenplatz. Da ich erst seit fünfeinhalb Stunden wandere, setze ich nach einer Viertelstunde meine Wanderung fort. Der Weg folgt der alten Viehstraße, die auf beiden Seiten von einer Trockenmauer begrenzt ist. Es würde mich nicht wundern, wenn mir hier gleich ein Viehkarren entgegenkäme, so gut ist sie noch erhalten. Dann aber verläßt der Bohusleden schneller als erwartet diese Strasse und führt mich hinab zum Bråtesjön im Bredfjället Östra naturreservat.

Um 13 Uhr erreiche ich das Nordende des Store-Väktor, der hier Brokabukter heißt. Am Ufer gibt es eine ausgetretene Raststelle und ich komme auch gut an Seewasser. Zeit für die Mittagspause. Es ist inzwischen so warm, dass ich mich über etwas Schatten freue. Ich rolle meine Isomatte aus und ziehe die Wanderstiefel aus um die Socken zu trocknen. Nach einer Stunde wandere ich weiter. Ich passiere Bremseviken und befinde mich anschließend wieder auf einem schmalen Fahrweg, der nur selten befahren wird.

Am Ufer des Store-Väktor passiere ich zunächst eine alte Grenzmarkierung zwischen Hjärtum und Ljung. Femstenarör ist eine typische Grenzmarkierung, die aus fünf senkrecht aufgerichteten Steinen besteht. Der große Herzstein in der Mitte ist dabei von vier weiteren Steinen umgeben. Die älteste bekannte Erwähnung dieses Femstenarör stammt aus dem Jahr 1725. Als ich das Schild lese werde von einer jungen Frau mit Ultraleicht-Ausrüstung überholt.

Nur ein Stück weiter ist der Windschutz Store Väktor. Er ist älterer Bauart, verfügt auf der einen Seite über eine Bank und auf der anderen Seite über etwas mehr Platz für bis zu zwei Personen. Er liegt im Bredfjället naturreservat, wo das Zelten nicht erlaubt ist und einen Platz in der direkten Umgebung gibt es auch nicht wirklich.

Ich wandere weiter und passiere eine alte Scheune aus Holzschindeln. Das Bredfjället naturreservat habe ich nun endgültig verlasssen. Bei Jensetorpet verlasse ich den Fahrweg erneut. Der Bohusleden schlängelt sich an einem Feuchtgebiet entlang und führt dann hinauf zum Källevattnet. Einen kurzen Augenblick überlege ich, ob ich mich nach einem Zeltplatz an diesem schönen See umsehen soll – zumal es so aussieht, als gäbe es einen Pfad in nördliche Richtung. Da ich aber erst elf Kilometer gewandert bin, wandere ich weiter. Die junge Frau, die am See eine kurze Pause gemacht hatte, überholt mich ein zweites Mal. Diesmal sage ich: "see you later".

Beim Abstieg gibt es fünf Meter nebem dem Bohusleden einen Gletschertopf (Jättegryta) zu bewundern. Der Wald wurde vor einigen Jahren abgeholzt, doch inzwischen erobern junge Bäume sich die Natur zurück. Kurz darauf erreiche ich einen Fahrweg, der mich nach Lilla Måröd bringt. Die Straße ist deutlich zu hören und auf der Anhöhe südlich davon stehen einige Windräder. Der Bohusleden folgt jedoch nicht der Straße, sondern einem alten Fahrweg durch den Wald.

Wieder taucht ein See vor mir auf. Das Ufer des Dammsjön ist von Schilf umgeben. Der Fahrweg führt am nördlichen Ufer entlang, doch es sieht nicht so aus, als gäbe es dort einen Zeltplatz. Ich folge dem Bohusleden um das südliche Ufer und stehe wenig später an einem sehr schönen Platz. Direkt neben dem Weg befindet sich eine freie Fläche. Feuermachen ist verboten und der Untergrund scheint felsig zu sein. Aber die Humusschicht ist dick genug, um mein Zelt aufzubauen. Es fehlt nur noch ein Zugang zum Wasser. Ein Stückchen weiter wird der Seeabfluss auf einem Steg gequert. Dieser liegt zwar im Blickfeld eines Hauses, aber zwischen dem Zeltplatz und den Häusern von Maen befindet sich ein Wäldchen sowie der sumpfige Flusslauf.

Ich hoffe, dass ich in der heutigen Walpurgisnacht hier meine Ruhe habe. Ich baue das Zelt auf, hole Wasser und beginne, das Abendessen zuzubereiten. Heute gibt es Spaghetti mit Shrimps und Blattspinat. Später höre ich, wie Autos ankommen. Es werden Autotüren geöffnet und nach einer kurzen Begrüßung ist wieder alles still. Dann schlafe ich ein.

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