Auch wenn ich in der Nähe eines Sees zelte und die Temperatur nachts auf 3 °C sinkt, ist es heute warm in meinem Schlafsack. Windstille und eine geringe Luftfeuchtigkeit machen einen großen Unterschied. Ich habe heute einen gemütlichen Tag vor mir. Das liegt vor allem daran, dass ich morgen das Gebiet um den Stora Delsjön, das nahe am Göteburger Stadtgebiet liegt, durchwandern will. Deshalb habe ich mir den See Maderna ausgeguckt, um von dort bis zum Norra Långevattnet zu kommen. Ich bummele etwas am Morgen und komme nur 20 Minuten später als sonst los.
Ich überquere die neue Brücke zwischen Lilla und Stora Ramsjön und bewundere dabei die Überreste der alten Brücke. Der Weg führt mich wieder über einen Hügel und dann am Ufer des Stora Ramsjön entlang. Auf halber Strecke geht es erneut den steilen Hang hinauf, und ich erreiche die Abzweigung nach Freden. Der ehemalige Bauernhof Torpet Freden ist heute ein Freizeitzentrum des Friluftsfrämjandet Partille. Hier gibt es alles, was Wanderer brauchen, nur keinen Abfalleimer. Neben einem Windschutz für die Bohusleden-Wanderer gibt es auch ein Toilettenhäuschen mit Trinkwasser und Strom. Ich mache also gleich wieder eine Pause, um mein Handy etwas zu laden.
Als ich weitergehen will, irritieren mich die Wegmarkierungen etwas, denn am Toilettenhäuschen gibt es auch eine. Soll ich da entlang oder zurück, woher ich gekommen bin? Ich schaue noch einmal auf die Karte. Es gibt zwei Möglichkeiten, weiterzuwandern. Ich entscheide mich für den aktuell offiziellen Weg und gehe zurück. Von der Abzweigung führt der Bohusleden durch das Kvarnedalen hinab zum See Aspen. Hier treffe ich auf den Götaleden. Am Aussichtspunkt Jonsered laden Felsen zum Verweilen ein. Als ich dort stehe, stürzen sich zwei große Blindschleichen den Hang hinunter und verschwinden eng umschlungen im Heidegestrüpp.
Für mich geht es weiter am Hang entlang. Der Weg ist sehr schön und bietet immer wieder Ausblicke auf den Aspen. Am Badeplatz Humlebadet erreiche ich schließlich das Seeufer. Das Café und die Toiletten sind noch geschlossen, aber ich kann meinen Abfall wieder loswerden.
Nach einem Stück am See entlang führt der Bohusleden hinauf zum Jonsered Herrgården. Das aus dem 19. Jahrhundert stammende Herrenhaus ist für seinen Garten bekannt und wird von der Universität Göteborg genutzt. Das Café im Jonsereds Trädgårdar hat heute leider geschlossen. Also wandere ich die Straße weiter nach Jonsered. Vorbei am Bahnhof erreiche ich das Gelände der ehemaligen Jonsereds Fabriker.
Ab den 1830er Jahren waren die Jonsereds Fabriker ein bedeutender Standort für die Herstellung von Segeltuch. Die ursprünglich als Spinnerei gegründete Fabrik erweiterte ihre Produktion auf Tischler- und Forstwirtschaftsgeräte sowie Feuerwehrschläuche. Heute befinden sich auf dem Fabrikgelände am Säveån verschiedene Unternehmen und Gastronomiebetriebe. Bevor ich das Etappenschild erreiche, steigt mir der fettige Frittenduft von Poppels Bryggeri in die Nase und schlagartig habe ich keinen Appetiet mehr. Die Brödfabriken i Jonsered haben heute geschlossen und bei Lille Grisen gibt es vor der Tür schon eine Warteschlange. Also doch zur Brauerei?
Ich hatte extra einen ruhigen Tag geplant, um in Jonsered etwas zu essen, aber jetzt mag ich nicht mehr. Ich verlasse das Fabrikgelände und komme am Ende einer Seitenstraße an einem alten Spielplatz mit einem Picknicktisch an. Hier setze ich mich in die Sonne und betrachte die Treppe, die mich auf den Korpåsberget führen soll. Nach einer halben Stunde in der Sonne rappele ich mich auf und steige die Treppe in den Wald hinauf. Der Weg steigt weiter an und ich sehe eine rätselhafte Tür unterhalb eines Felsens die offen steht. Neugierig inspiziere ich den Raum. Er enthält große Rohrleitungen mit Ventilen, die einen historischen Eindruck machen. Vermutlich versorgten sie die Fabrik oder Jonsered mit Wasser.
Ich höre schon den Verkehr auf der E 20 rauschen, als ich ein Galleriegrab (Hällkista) aus der Jungsteinzeit erreiche. Die großen Steinplatten der Sammelbegräbnisstätte stehen noch senkrecht. Sie bildeten eine rechteckige Kammer, in der Familien oder Gruppen beerdigt wurden. Die Kammer ist heute offen. Dem Schild nach wurden einige der Platten beim Bau der Kirche in Jonsered verwendet.
Nun ist es nur noch ein kurzes Stück, bis die Schnellstraße überquert wird. Sie verschwindet hier in einem Tunnel, während der Bohusleden direkt oberhalb des Tunnelportals über die Straße führt. An einem Grundstück mit Wohnwagen vorbei geht es wieder in den Wald.
Plötzlich stehe ich an einem Wegweiser mit der Aufschrift Flyttblock . Da ich nicht weiß, wohin es geht, folge ich diesmal nicht meiner Neugier, sondern wandere weiter. Vermutlich hätte mich der markierte Pfad zum Klåvsten geführt. Das ist ein in zwei Hälften gespaltener Findling, der an der Grenze zwischen Partille und Lerum liegt. Ein Stück weiter, in einem Sumpfgebiet, passiere ich ein Bild auf einer Staffelei. Das Foto zeigt eine Schneelandschaft mit einem Paar Schuhen.
Wieder ertönt Hundegebell durch den Wald. Diesmal klingt es, als wären es große Tiere, und sie hören sich nicht besonders freundlich an. Der Bohusleden führt direkt am Grundstück vorbei, weshalb ich froh um den hohen Zaun bin. Ich kann große Käfige mit Schäferhunden erspähen. Es handelt sich um ein Gelände für die Ausbildung von Polizeihunden.
Direkt im Anschluss wird das Gelände wieder freundlicher. Noch immer bellt ein Hund hinter mir, aber es geht wieder an Trockenmauern und Steinhaufen entlang. Kurz vor dem See Råhul fallen mir ein Trampelpfad und eine Feuerstelle auf. Ich folge ihm und erreiche drei Windschutzhütten. Sie gehören zusammen mit der neuen Råhultsstugan der Equmeniakyrkan Jonsered. Die protestantische Freikirche hat hier ein Pfadfindergelände. Die Windschutze dürfen benutzt werden, wenn die Kirchenmitglieder nicht anwesend sind und die Råhultsstugan nicht vermietet ist. Es wird um eine Gebühr von 40 Kronen (Swish) gebeten.
Ich verlasse den Platz wieder durch den Hintereingang und erreiche nach wenigen Metern den Fußballplatz und den See. Am Westufer soll es einen Windschutz geben, den ich mir ansehen will. Auch wenn mein Ziel nicht mehr weit entfernt ist, ist es außerdem Zeit für eine Mittagsmahlzeit. Der Windschutz ist ziemlich heruntergekommen. Auf der Seite mit der Bank hole ich meinen Kocher heraus und bereite eine heiße Tasse mit Nudeln zu. An dieser Seite hängt wieder eines der Fotos. Nun erfahre ich, dass es sich um eine Kunstausstellung mit zwölf Fotografien zwischen Jonsered und Kåsjön handelt.
Kurz vor 16 Uhr erreiche ich den Windschutz am See Maderna. Ein Vater mit seinem Sohn macht dort Pause. Der Windschutz liegt direkt an einer Straßenecke und ist nicht wirklich schön gelegen. Ich hatte ohnehin vor, dem Vildmarksleden am Nordufer etwas zu folgen. Ich komme mit dem Vater ins Gespräch. Er ist Schotte, lebt seit 17 Jahren in Göteborg und spricht lieber Englisch, was ich auch besser kann. Er erzählt und erzählt, während sein Sohn alle Fruchtsäfte austrinkt und Chips isst. Sie waren auf dem Vildmarksleden unterwegs und haben es nicht mehr weit bis zum Auto. Während wir uns austauschen, kommen drei junge Männer. Sie sind mit einem Wasserkessel ausgestattet, und in der Tragetasche klirren Glasflaschen. Sie gehen dorthin, wo ich eigentlich hinwollte, und entfachen ein großes Feuer. Ihre Gesellschaft ist mir nicht sehr angenehm, weshalb ich beschließe, mir etwas anderes zu suchen.
Ich folge Vater und Sohn in Richtung Kåsjön. Ich benötige auf jeden Fall Trinkwasser. Am Prästtjärnen soll es einen Windschutz geben, der jedoch sehr dicht an Furulund liegt. Am Südufer des Maderna erstreckt sich wieder eine Erhebung mit einer Steilwand zum See. Ich bin wenig optimistisch, hier noch etwas zu finden, als mir ein unscheinbarer Pfad ins Auge fällt. Unter der Stromleitung hindurch und über Felsplatten erreiche ich einen sehr schönen Platz auf dem Plateau. Zum See komme ich in der Nähe eines Feuchtgebiets hinunter. Zwar rieche ich das Lagerfeuer über den See, aber die drei sind weit genug weg. Ich räume die Tannenzapfen weg und baue das Zelt auf.
Ich klettere zum See hinunter, fülle meinen Platypus und einen Kochtopf mit Wasser, damit ich nicht noch einmal hinabklettern muss. Heute steht Couscous auf dem Plan, aber irgendwie ist meine Gaskartusche schon ziemlich leicht. Letztes Jahr am nördlichen Bohusleden dachte ich das auch und hatte am Ende noch richtig viel Gas übrig.