Abstieg ins Čuhčavággi
Morgens ist das Wetter besser als befürchtet. Ich will heute weiter bis zum See P956 wandern und von dort ins Čuhčavággi absteigen. Auf dem Nordkalottleden geht es dann in Richtung Gautelis. Nach der Querung des Rentierzauns am Kärpel (Gearbilčohkka) will ich den Weg verlassen und über die Hochebene westlich der Sälka-Bergkette wandern. Ich frühstücke und schaue dabei zu, wie sich die Wolken heben. Auf den Schneefeldern steigt kalter Nebel auf.
Gegen 9 Uhr verlasse ich den Ort der letzten Nacht. Der 1863 m hohe Gipfel des Sälka ist inzwischen wolkenfrei, während der Unna Ruškkaš weiterhin von Wolken verhangen ist. Über den Sitasjaure ziehen noch tiefe Wolken durch das Tal, während der Himmel davor bereits wolkenfrei ist. Ich folge weiter den Steinmännchen an der Nordseite der Seen entlang. Diese führt mich wieder auf einen Hügel und ich überlege kurz, ob ich schon hier absteigen soll. Ich kann zwar zum Talgrund des Čuhčavággi bllicken, aber vor mir liegen wieder Schneefelder und ein See mit Eis am Rand. Da die Wegbeschreibung, die ich habe, am Abfluss des Sees P956 entlang führt, wende ich mich wieder nach Westen und steige zum Seeufer ab. Die geeignet Route in der Karte führt auf der Südseite de Sees weiter ins Ráktasvággi. Für mich geht es also wieder querfeldein. Kaum im Uferbereich angekommen, treffe ich unerwartet auf einen kräftigen Pfad, dem ich folge. Es geht auf und ab, kleine Block- und Schneefelder sind zu queren. Auf einem der Schneefelder stuzte ich. Sind das Rentierspuren? Und dann sehe ich den Kötel. Ich habe mich wohl noch nie so sehr über Kot gefreut, aber hier war ein Rentier vor nicht zu langer Zeit. Meine Hoffnung einige der Vierbeiner zu sehen ist wieder entfacht.
Am Seeabfluss werde ich direkt zu einer Furt geführt. Der Wasserstand versprichrt allerdings wieder nasse Füsse. Direkt im Anschluss verschwindet der Fluss unter einem Schneefeld. Stabil sieht es hier nicht aus, also beginne ich mit dem Abstieg auf der rechten Flusseite. Weiter unter verbreitert er sich in der Fläche, bevor er wieder schmaler wird und in den Čuhčajohka mündet. Spätestens dort sollte ich problem auf die andere Seite wechseln können.
Im Abstieg komme ich zu einem dicken, stabilen Schneefeld und wechsel schon vorher. Rinnsale mit Schmelzwasser fliessen die Hänge herab und bewässern die grünen Flächen. Es lässt sich gut gehen. Kaum gedacht, liege ich wie eine Schildkröte auf dem Rücken. Ich bin zwar weich gelandet, aber der Hintern ist nass. Unter dem Moos war ein Stein und die Kombi ist sehr rutschig. Die Stöcke habe ich zum Glück weg geschmissen. Und so rappel ich mich auf und wandere weiter. Erst später schmerzt die rechte Schulter. Die Zerrung macht sich nächsten Tage bemerkbar und ich bin froh, dass ich nie die Schlaufen benutze. Im Talgrund angekommen mache ich die erste Pause. Ich lege mich auf die Isomatte und trockne die Hosen in Sonne und Wind.
Durch das Čuhčavággi nach Westen
Schon 2014 war ich durch das Čuhčavággi gewandert. Von nun an bin ich also auf bekannten Wegen. Ich hatte noch feuchte Wiesen entlang des Čuhčajohka in Erinnerung und damit lag ich nicht verkehrt. Den nächsten Kilometer geht es über Feuchtwiesen am Ufer entlang. Zwischen den Grashalmen steht das Wasser. Dann wird der Untergrund etwas seiniger und auch trockener. Der Čuhčajohka fliesst hier oben durch ein breites, flaches Flußbett. Gegen 12 Uhr muss ich einen Bach queren. Ich muss etwas aufsteigen um ans andere Ufer zu kommen und nutze die Gelegenheit eines sprudelnen Baches Pause zu machen. Es weht ein kalter Wind durchs Tal und so ist es trotz Sonne eher frisch. Kein Wunder also, dass ich heute die Asia-Nudeln-Pause eher kurz halte. Zumal dunkle Wolken im Osten aufziehen und schlechtes Wetter ankündigen.
Ich wandere weiter auf dem Nordkalottleden. Ab und zu gibt es noch alte Bretterstege und sogar Holzpflöcke mit verblichenen Logo. Mein Ziel ist heute der Kärpel. In der hügeligen Landschaft ist es mit einer 1:100.000 Karte nicht immer einfach die richtige Erhebung zu identifizieren und so glaube ich lange der Berg nördlich des Bajimus Čuhčajávri sei schon mein Ziel. Etwas komisch ist es schon und je nächer ich komme, umso mehr überwiegt das Gefühl, das ich doch noch deutlich weiter wandern muss und mal weniger Päuschen machen sollte.
Bei der Planung hatte ich lange überlegt, ob ich zwischen Kärpel und Sälka auf die Ebene wandern soll oder auf der Nordseite des Kärpel entlang. Südöstlich des Kärpel würde ich aber auf das sumpfige Quellgebiet des Čuhčajohka stossen und die Südseite der Berge war recht steil. Dazu kommt ein Rentierzaun, den ich entlang des Nordkalottledens einfach queren kann.
Langsam biegt der Nordkalottleden nach Südwesten Richtung Hukejaure. Die Berge in Norwegen haben noch deutlich mehr Schnee und ich gespannt wie es morgen weiter geht. Die Seen die ich nun passiere entwässern in den Huvkijávri. Bald muss der Wegweise Richtung Gautilshytta kommen. Dann stehe ich vor einer Furt. Wieder ist meine Schrittlänge zu kurz. Ich gehe am Ufer entlang und suche mir die flachste Stelle. Ohne Crocs geht es hier auch nicht und auch wenn ich nicht lange Suche, brauche ich 20 Minuten bis ich wieder weiter wandern kann.
Es ist 16 Uhr als ich den Wegweise passiere und die ersten Tropfen fallen. Diese scheinen nur eine Vorwarnung zu sein. Bis zum Rentierzaun sind es noch zwei Kilometer und so spute ich mich. Es geht etwas bergan und dann am Huvik vorbei. Mir kommen drei Wanderer entgegen. Östlich von mir regnet es schon kräftig und auch mir wird nicht mehr viel Zeit bleiben. Am nächsten See finde ich eine geeignete Fläche. Vielleicht nicht die schönste Lage, so dicht neben den Wanderweg, aber eben und trocken. Kaum steht das Zelt fängt es an zu regnen. Ich packe aus und richte ein. Nach einer halben Stunde ist der erste Spuk vorbei und ich kann bei Sonnenschein Wasser holen. Der Abend bringt Sonne, Donnern, kräftige Regenschauer und Nebelschwaden, die aufziehen und alles umhüllen.