Rund um Kebnekaise
Rund um Kebnekaise

11. Tag: Láddjuvággi · Jättegrytorna · See P980 · Tjäktjavagge

Durch das Láddjuvággi zum Tjäktjavagge

Jättegrytorna und Kebnekaise

Gegen 7 Uhr scheint die Sonne kurz ins Zelt und ich wache auf. Gestern hatte ich ein Wegweiser zu den Jättegrytorna (Riesentöpfe oder Gletschertöpfe) gesehen und die will ich erkunden. Ich weiss zwar nicht, wo diese liegen, aber ich folge dem deutlichen Trampelpfad zum Láddjujohka. Etwas flussaufwärts stürzt sich der Fluss zwischen den Felsen in die Tiefe. Vermutlich hätte ich noch etwas weiter gehen müssen. Denn so aufregend sind die Felsen hier nicht durch das Wasser geformt worden. Zurück am Zelt frühstücke ich und rufe noch einmal den Wetterbericht ab. Als ich Tee kochen will, ist die 450g-Gaskartuche leer. Das ging viel zu schnell.

Der ursprüngliche Plan war von Westen ins Siŋŋivággi zu wandern und dort zu zelten. Von dort könnte ich bei guten Wetter über die Durlings Led genannte Route auf den Sydtoppen des Kebnekaise aufsteigen. Der aus Firneis bestehende Sydtoppen ist mit 2090 Höhenmeter (2024 gemessen) zwar nicht mehr der höchste Gipfel Schwedens, aber der felsige Nordtoppen mit 2097m ist für mich unerreichbar.

Der Durlings Led führt vom Siŋŋivággi durch das Tal nördlich des Siŋŋibákti hinauf in das Kaffedalen und trifft dort auf den Västra Leden. Wer bei dem Namen an eine Pause denkt, liegt nicht falsch. Die Senke zwischen Vierranvárri und Kebnekaise erhielt seinen Namen von G. Durling. Seine Expedition machte dort am 8.8.1895 bei der dritten Besteigung des Kebnekaise eine Kaffeepause. Der grosse Vorteil seiner damaligen Route ist ein gleichmässiger Aufstieg bis ins Kaffedalen, eine etwas kürzere Strecke und auch weniger Höhenmeter. Sie ist natürlich nicht ausgebaut wie der Westweg, aber dafür entfällt der Auf- und Abstieg auf den Vierranvárri.

Der Wetterbericht sieht für die nächsten Tage allerdings nicht so vielversprechend aus. Auch wenn ich den Aufstieg nur mit leichtem Gepäck versuchen würde, wäre es für meine Knie wohl besser, wenn ich auf die extra 1.000 Höhenmeter verzichte. Ich beobachte noch einmal die Wanderer auf dem Westaufstieg. Dann siegt die Vernunft. Ich werde also direkt Richtung Neasketvággi wandern und das Siŋŋivággi auslassen, statt auf den Spuren von Durling zu wandeln.

Durch das Láddjuvággi

Für mich geht es damit heute vor allem auf dem Dag Hammarskjöldsleden entlang durch das Láddjuvággi weiter nach Westen. Allerdings will ich die Abkürzung nach Sälka nehmen und nicht über die Singistugorna gehen. In das Neasketvággi komme ich über eine Hängebrücke über den Tjäktjajåkka (Čeakčajohka), die am Mádir liegt.

Um 9:00 Uhr wandere ich los und bin überrascht wieviel in meine Richtung unterwegs sind. Alleine bin ich tagsüber kaum. Einem älteren Paar begegne ich immer wieder. Wenn ich eine Pause machen, kommen sie vorbei oder anders herum. Vor zwei Stunden war der Himmel zwar überwiegend bedeckt, aber die Berge wolkenfrei. Nun hängen die Wolken dort tief bis ins das Kaffeedalen. Allgemein sieht das Wetter aber nicht schlecht aus. Blaue Lücken versprechen etwas Sonne und im Gegensatz zu 2015 werde ich heute mehr von dem Tal sehen.

Der Weg führt am Láddjujohka entlang durch das enge Tal zwischen dem Siŋŋičohkka und den Bergen Skárttoaivi und Liddubákti. Ich quere den Šiellajohka über eine schmale Brücke und halte erst einmal eine Trailrunnerin auf, da ich abruppt stoppe. Eben war sie noch nicht da. Sie scheint das komische Verhalten von uns Schnecken gewohnt zu sein und nimmt meine Entschuldigung lächelt an. Mich interessiert aber der Einstieg ins Siŋŋivággi von der Ostseite. Hier stürzt sich der Siŋŋičohkka über den Wasserfall Silverfallet in die Tiefe. Die Schlucht ist eng mit extrem steilen Hängen, während das Wasser in einem Canyon fliesst. Auf der rechten Seite soll eine Route mit Steinmännchen markiert sein, die ins Tal führt. Mir wäre das zu ausgesetzt und kraxeln mit dicken Rucksack muss ich auch nicht mehr haben. Da ich aber sowieso nicht mehr ins Siŋŋivággi will treibt mich mehr die Neugierde nach einem Pfad zu schauen

Ich passiere ein grösseres Zeltlager und auf der anderen Wegseite beginnt ein Solowander seinen Tag. Der Wanderweg führt nun dichter am Láddjujohka entlang. Der Weg ist ausgetreten und die Geröllfelder vom Siŋŋičohkka lassen sich gut queren. Ein Wasserfall, der sich zwischen Skárttoaivi und Liddubákti ins Tal stürzt scheint Halbzeit zwischen der Kebnekaise Fjällstation und Singihütte zu sein, denn hier macht eine grössere Wandergruppe mit Fjällguide eine Pause. Ich nähere mich langsam Láddjubahta mit den Seen. Das samische Wort bahta bedeutet Rückseite. Ich nähere mich also dem Ende des Tals.

Direkt nach den Seen kommt die Abzweigung eines Wegs nach Süden Richtung Kaitumjaure. Die Metallstange eines ehemaligen Wegweisers markiert die Abzweigung. Das Schild befindet sich am nächsten Wegweiser, der sich an der Abzweigung für die Abkürzung nach Norden Richtung Sälka befindet. Hier steigt man auf zum See P980 und hat beim Abstieg ins Tjäktjavagge tolle Ausblicke das Tal entlang bis zum Tjäktjapass.

Aufstieg zum See P980

Ich verlasse den Dag Hammarskjöldsleden und folge dem Wegweiser Richtung Sälkastugorna. Kaum vom Weg runter mache ich am ersten Bach Mittagspause. Die Sonne findet eine Lücke durch die Wolken währen dich meine Asia-Nudeln esse. Als ich weiter wandere kommen mir die ersten Wanderer mit Hüttengepäck von der Sälka-Hütte entgegen. Zwei junge Männer wollen mir Mut machen mit dem Spruch "es sei ganz schön steil". Ich denke aber direkt an den Mårmapasset und antworte nach einer Denkpause zu deren erstaunen: "Ich bin schon steileres gegangen". Was soll ich auch anders sagen. Zumal ich es auch nicht als steil empfunden habe. Wir lachen zusammen und mit wird eine tolle Aussicht versprochen.

Rund 200 Höhenmeter später komm ich in die Nähe des Sees. Der Weg führt nördlich um den See herum, mich interessiert aber der Ausblick hinab zur Singistugorna und zur Sameviste Goržževuolli (Kårtjevuolle) der Girjas Sameby. Vor allem will ich versuchen weit ins Neasketvággi zu blicken, an dessen Westende ich über eine Steilwand aufsteigen muss. Insbesondere interessiert mich die Schneelage im Tal, denn die Berge Richtung Norwegen haben noch deutlich mehr Schnee. Ich verlasse den Weg und orientiere mich nach Süden zur Steilwand, so dass ich an der Erhebung vor mir vorbei schauen kann.

Ich kann zwar weit in das Neasketvággi blicken. An den Nordflanken von Stuor Ruška und Unna Ruškkaš liegt noch einiges an Schnee, aber der Mádir verhindert den Blick auf das Talende. Zumindest der Talgrund ist grün und weist nur wenige Schneefelder auf. Mehr werde ich morgen sehen.

Hoch über dem Tjäktjavagge

Es ist 16 Uhr und so langsam stellt sich die Frage des Zeltplatzes. Der Weg durch das Neasketvággi führt erhöht auf der Nordseite des Tals entlang. Dort oben gibt es kein frisches Wasser, da die Bäche vom Mádir vor allem nach Norden abfliessen. Kurz überlege ich, ob ich hier oben schon zelten soll, aber dann zieht es mich weiter.

Ich gehe zurück zum Weg und folge wenig später dem Bach aus dem kleinen See. Dieser bringt mich hinab in Richtung einer Rengärde unweit der Hängebrücke über den Čeakčajohka. Vor allem erhoffe ich mir von ihm eine gute Trinkwasserquelle. Ich steige langsam ab auf der Suche nach einem schönen Platz. Auf einer Ebene teilt sich der Bach in mehrere Arme und fliesst auf beiden Seiten einer Erhebung ins Tal. Hier ist recht feucht und im ersten Rinnsal gibt es komische Algen. Ich folge daher dem anderen Arm, der deutlich mehr Wasser hat. Das Bachbett ist hier felsig, aber neben der Erhebung finde ich einen sehr schönen ebenen Platz mit tollem Ausblick über das Tjäktjavagge und das Sälka-Massiv.

Ich baue das Zelt auf und schaue von meiner Luftmatraze Richtung Tjäktjapass. Während die Tomatensosse fürs Couscous einweicht, trinke ich einen Cappuccino und beobachte das Wolkenspiel über dem Tal.

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