Rund um Kebnekaise
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6. Tag: Vierrojohka · Brücke über den Vierrojohka · Vierrugorsa · Vierrovággi · Mårmastugan

Durch das Vierrovággi zur Mårmastugan

Einstieg ins Vierrovággi

Am morgen weht ein leichter Wind und so ist die Mückenwolke von gestern Abend verschwunden. Bei strahlend blauer Himmel steht mir ein weiterer warmer Tag bevor. Rund 450 Höhenmeter und 8½ Kilometer sind es bis zur Mårmastugan auf 1160 m Höhe. Der Aufstieg ist stetig am Vierrojohka entlang.

Nicht weit von meinem Zeltplatz führt der Weg über eine Brücke auf die östliche Flussseite des Vierrojohka. Über sie führt auch ein Weg, der auf der südlichen Seite des Alivággi Alisjaure und Årosjåkk (an der Strasse nach Nikkaluokta) verbindet. Um viertel vor 9 Uhr komme ich los. Beim nahen Schneefeld sammel ich noch etwas Schnee zum Kühlen der Butter ein. Das Gelände ist tarassenförmig und vor mir erstreckt sich ein langezogenes weisses Schneeband. Ich steige lieber schon eine Stufe hinab und gehe unterhalb entlang. Eine richtige Entscheidung, denn die untere Schneekante ist hoch und hätte einen Abstieg an der offziellen Stelle mehr als schwierig gemacht. Dafür ist der Untergrund nass durch das Schmelzwasser.

Über eine stabile Holzbrücke gelange ich über den kräftig rauschenden Gletscherfluß. Der Vierrojohka hat sich seinen Weg durch Felsen gesucht und fliesst etwas unterhalb auch durch einen Canyon. Oberhalb der Brücke hat der Vierrojohka die V-förmige Vierrugorsa geschaffen. Direkt nach der Brücke geht der Hauptweg einen Steilhang hoch, während ein deutlicher Pfad direkt am Ufer entlang führt. Ich hole lieber die Karte heraus, aber es ist eindeutig, ich muss den Hang hoch und auf die andere Seite des Rentierzauns gelangen bevor es ins Tal geht.

Im Rentierzaun lässt sich eine Öffnung schaffen, indem ein Metallstab zur Seite gedrückt wird. Dieser ist mit einer Drahtschlinge an einem Holzpfosten gesichert. Um ihn zu öffnen, muss ich den Metallstab Richtung Holzpfosten drücken. Das erfordert Kraft und ich benötige beide Arme dazu. Dumm nur, dass sich die Schlinge zwar lockert, aber da ich meinen dritten Arm nicht dabei habe, fällt sie nach unten. Nach einigen Versuchen ist es geschafft und ich bin auf der anderen Seite. Zum Verschliessen stelle ich den Rucksack ab und bekomme es mit der Schwerkraft einfacher zu als auf.

Die Wegmarkierung führt mich nun am Rentierzaun entlang bergan. Zwei Wanderer kommen mir entgegen. Als ich mich umdrehe mühen sie sich nun ebenfalls am Zaun ab. Das Umdrehen hat sich aber gelohnt. Ich habe von hier einen guten Blick auf den nördlichen Berghang des Alisvággi und schaue wo ich da gestern so lang gegangen bin.

Durch das Vierrovággi

Der deutliche Pfad und die orangen Farbkleckse führen mich in den steilen Hang der Schlucht. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, an der Renvaktarstuga vorbei zu kommen, die weiter oben steht. Die Holzhütte ist immer wieder zu sehen, aber wirklich nahe komme ich nicht. Dafür erwartet mich Weidengestrüpp und Fjällbirken gilt es zu umrunden. Tief unten rauscht der Vierrojohka.

Unterhalb der Renvaktarstuga komme ich dagegen das erste Mal wieder zum Fluss und kann frisches, kühles Wasser abfüllen. Bei der Hitze ist es eine Wohltat. Von nun an geht es immer zwischen Steilhang und Ufer entlang. Trotz Weidengestrüpp lässt es sich gut gehen. Es ist schon Mittags, als ich ein Zelt passieren. Ein steiler Erdwall kündigt die erste Flußquerung an. Hier will ich Mittag machen, aber vor der Belohnung die Arbeit. Natürlich geht es die Steilkante hoch, schnell sind die paar Höhenmeter geschafft.

Ein Blick auf den Wasserlauf verrät mir sofort, hier gibt es nasse Füsse. Ich wechsel in die Crocs als Watschuhe und quere am Steinmännchen zum anderen Ufer. Hier suche ich mir ein Platz und mache Pause. Das Tal hinauf kann ich eine dunkle schwarze Wand erkennen. Dort oben müsste der Mårma-Pass östlich des Vássačohkka sein. Ich bin schon am Einpacken, als Wanderer zur Furt kommt. Es ist ein Schwabe, der das selbe Ziel hat und morgen ebenfalls über den Mårma-Pass gehen will. Wir unterhalten uns eine ganze Weile, dann zieht er weiter, während ich fertig einpacke. Direkt oberhalb der Mündung gibt es eine flachen, schönen Zeltplätze.

Durch die lange Pause ist es schon 16 Uhr, als ich den schönen Flussabschnitt entlang wandere, wo der Vierrojohka über Felsstufen in einem tiefen Canyon fliesst. Es gibt immer wieder tolle Blicke auf die reissenen Fluten unter mir.

Oberhalb der Passage fliesst der Vierrojohka durch ein breites steiniges Flussbett. Die grüne Vegetation schimmert deutlich seltener zwischen den Felsen. Die hochalpine Zone scheint hier auf 1000 Meter Höhe zu beginnen. Der zweite Nebenfluss, der vom Vierročohkka herabfliesst, versteckt sich überwiegen unter einer Schneedecke, ist aber einfach in Schuhen zu queren. Inzwischen kann die Mårmastugan auf den Felsen sehen. Auch der dritte Fluss, der am Vierročohkka entspringt ist einfach zu queren. Etwas oberhalb führt der Wanderweg noch einmal über ein flaches Stück mit Heidegewächs.

Kurz bevor ich die Mårmastugan erreiche geht es durch ein Stück mit viel grün in den Hängen. Ein Bach sprudelt und sorgt für gutes Trinkwasser. Ich überlege kurz ob ich den Hang aufsteigen und nach einem Zeltplatz gucken soll. Weit ist es nicht mehr bis zur Hütte und so entschliesse ich mich ersteinmal die Umgebung der Hütte zu erkunden und notfalls wieder zurückzugehen.

An der Mårmastugan

Gegen 18:30 Uhr erreiche ich die Mårmastugan. Sie liegt auf einem felsigen Sockel. Die Gletscherflüsse von Moarhmmábáktiglaciären und Moarhmmáglaciären fliessen hier zusammen und bilden den Vierrojohka. Da ich niemanden sehe vermute ich den Schwaben in der Hütte und klopfe an. Als niemand antwortet, öffne ich die Tür. Die Hütte ist leer.

Ich schaue mich um. Es gibt zwei von Steinen befreite ebene Flächen mit einem Steinring. Der Boden ist hart und vermütlich könnte ich mein Tunnelzeit dort hinein quetschen. Es gibt eine Trockentoiltte und ein zweites Gebäude mit zwei Räumen, von einer mit Müll gefüllt ist. Die Mårmastugan wurde 2022 renoviert und hat zwei Pritschen. Anders als bei Notfallhütten ist hier die Übernachtung erlaubt. Im Gästebuch finde ich den Schweden wieder, er war wie von ihm geplant gestern schon hier. Ich vermute der Schwabe ist weiter gegegangen. Weiter oberhalb soll es laut Openstreetmap auch noch eine Zeltmöglichkeit geben. Ich entschliesse mich in der Hütte zu übernacht.

Bleibt noch Trinkwasser zu organisieren. Hinter der Hütte könnte ich zum Gletscherfluß absteigen, aber das ist sehr schlammig. Ich nehme meine Platypustrinkblasen und gehe den Weg wieder zurück zum kleinen Bach. Zurück koche ich Wasser für einen Cappuccino. Spagetthi mit Tomatensosse gibt es heute und nochen einen Pott Tee. Das Thermometer im Deckelfach des Rucksacks zeigt 50°C als Maximaltemperatur. Ein Wunder, dass die mit Schnee gekühlte Butter noch geniessbar ist.

Nach dem Essen erkunde ich noch etwas die Umgebung. Ich will vor allem einen freien Blick auf den Mårma-Pass haben um zu sehen was mich erwartet. Noch immer bin ich mir nicht sicher, ob zum Beispiel Schneefelder den Aufstieg verhindern. Ich steige auf die nächste Erhebung und habe einen freien Blick auf die schwarze Wand. Zudem sehe ich ein Stück weiter des Zelt des Schwaben. Am Fusse der Wand gibt es ein Schneefeld zu queren, ansonsten ist der Berghang mit den Blockfeldern überwiegend frei. Der Abstieg auf der anderen Seite, ist nicht so steil wie der Aufstieg. Das der Wetterbericht für den nächsten Tag auch weiterhin gut ist, bin ich optimistisch den Mårmapasset auch bei guten Bedingungen bewältigen zu können.

Um 21 Uhr verschwindet die Sonne hinter den Bergen des Mårma-Massivs. Es ist damit etwas dunkler und die Temperatur sinkt. Da es auch spät noch sehr hell ist, rechne ich weiterhin mit Wanderern. Aber es kommt niemand und so habe ich eine ruhige Nacht.

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